Mir setzt immer noch dieser blöde Infekt zu. Da ist der Platz unter der Kastanie genau richtig. Beine hoch legen, Chagatee trinken, Strickjacke aus-, Strickjacke wieder anziehen, ab und zu einen Blick auf den Hausmann werfen, der ein paar Meter von mir entfernt ebenfalls lesend in der Sonne sitzt. Später wird es die Reste vom Pflaumenkuchen geben. Keine gemeinsame Kaffeetafel bitte. Ich möchte weiter lesen. Wird großzügig gestattet. Und schon bin ich wieder bei den drei Frauen, die mein Leseleben entscheidend geprägt haben. Brigitte Reimann. Maxie Wander. Christa Wolf. Dass es dieses Buch über die drei gibt, habe ich in dem Wälzer mit Christa Wolfs Briefen entdeckt. Caroline Würfel. „Drei Frauen träumten vom Sozialismus“.

Übrigens habe ich vor Kurzem erst gelesen, in den USA und Großbritannien würde man gerade die DDR in Büchern entdecken. Dazu schrieb in der ZEIT Adam Soboczynski: Sobald ein deutsches Werk international Beachtung findet, darf man sich derzeit sicher sein: Es handelt von diesem kleinen, seit Langem zu Tode analysierten und nach dem Epochenbruch 1989 abgewickelten Land. Über diese Aussage kann man selber nachdenken, wenn man kann und möchte, aber das nur am Rande.

Frau Würfel, geb. 1986 in Leipzig, gehört zwar einer anderen Generation an, aber sie hat Maxie Wanders Protokolle „Guten Morgen, du Schöne“ zu ihrem 17ten Geburtstag von ihrer Mutter geschenkt bekommen. Dieses Buch, dass bei Erscheinen unter den Frauen in der DDR ein kleines Beben ausgelöst hat. So sind wir. So könnten wir sein. So habe ich das jedenfalls damals empfunden. Knapp 20 Jahre später hat Carolin Würfel über die drei Autorinnen ein wunderbares Buch geschrieben. Obwohl ich (fast) alles gelesen habe, was von den dreien erschienen ist, gefällt mir die Verknüpfung, das Verbindende. Christa Wolf als eine Art Mittelpunkt, die mit beiden Frauen befreundet war, beiden auch bis zu ihrem Tod zur Seite stand, auf ihre Weise half, wo es eben ging. Brigitte und Maxie waren keine Freundinnen, das ist ein bisschen seltsam, weil sie sich einige Male begegnet sind, nicht nur im Schriftstellerheim in Petzow. 

Carolin Würfel schreibt u. a. über Brigitte Reimann und Siegfried Pietschmann – die beiden haben sich 1958 in Petzow kennengelernt, ein Jahr später dort auch geheiratet -, dass beide schreiben und andere damit zum Weinen bringen wollten. Den Satz habe ich mir notiert und an ihn  muss ich denken, als ich die Seiten über den Tod von Maxie Wanders Tochter Kitty lese. Danke Frau Würfel. Sie können Menschen auch zum Weinen bringen.

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